Jenseits des Lichts
Florale Fotokunst mit Röntgenstrahlen
Im Gegensatz zur Fotografie spielt bei der Radiographie das Licht für die Bildgebung keine Rolle.
Meine überwiegend floralen Radiographien sind somit Kompositionen aus Formen und Überlagerungen, die beim Betrachter zu einem völlig neuen und ungewohnten Bildeindruck führen. Für das Auge des Betrachters vermischen sich gewohnte Bildeindrücke der Fotografie und der Zeichnung. Und erst die Kenntnis über die angewendete Technik führt zu der gewollten Auseinandersetzung mit dem Motiv und zu einer neuen Qualität der Bildinterpratation.
Die Fotografie "sieht" alles - die Radiographie hingegen blendet das Licht als den entscheidenden Faktor bei der Informationsübermittlung völlig aus und fokussiert ausschließlich auf die Form und die unterschiedliche Dichjte eines Objektes.
In diesem Spannungsfeld liegt die Faszination der Radiographie mit ihrem ganzen künstlerischen Potential und dem Ziel der visuellen Verführung.
Ich hoffe, ich kann Sie für meine Radiographien ebenso begeistern, wie ich es für mich selbst behaupten kann und wünsche Ihnen viel Spaß in meiner Galerie.
Prinzipiell handelt es sich bei meinen Bildern um Röntgenaufnahmen. Die Anfertigung einer künstlerischen Radiographie bedeutet jedoch im Vergleich zu den bekannten vollautomatisierten medizinischen Röntgentechniken einen wesentlich höheren technischen und zeitlichen Aufwand.
In meiner Eigenschaft als Facharzt für Radiologie habe ich zwar die Möglichkeit und Berechtigung modernste Röntgengeräte zu benutzen, doch für künstlerische Zwecke sind die herkömmlichen, beim
Menschen angewendeten Röntgenapparaturen nicht geeignet.
Um die technischen Grundvoraussetzungen zu erfüllen, benutze ich eine hochspezielle Röntgenapparatur, die Expositionen in sehr niedrigen Energiebereichen ermöglicht.
Der Workflow von der Auswahl eines geeigneten Objektes bis hin zum präsentationsreifen Fine-Art-Print einer Radiographie ist sehr komplex und zeitaufwändig. Für jedes einzelne Objekt muss die
optimale „Härte“ der Röntgenstrahlung (= Energie der Röntgenstrahlen) sowie die notwendige Expositionsdauer individuell in aufwendigen Versuchsreihen ausgetestet werden. Alle diese
Arbeitsschritte erfolgen in der Dunkelkammer, da ich nur mit ungeschütztem Film arbeite, um ein höchstmöglichstes Maß an Detailzeichnung und Filmsensibilität auch für die feinsten
Objektstrukturen zu erreichen.
Abhängig vom Objekt exponiere ich mit Röntgenstrahlen unterschiedlicher Energien, manchmal auch mehrfach. Für die Aufnahmen werden hochauflösende Spezialfilme benötigt, um auch die feinsten
Strukturen herauszuarbeiten. Entwickelt werden die bis zu 24x30 cm großen Filmformate für jeden einzelnen „Annäherungsschritt“ an die optimale Belichtung konventionell in der Dunkelkammer.
Die ersten Ergebnisse eines jeden Projektes sind aufgrund der vorher völlig unmöglichen Belichtungskontrolle meistens sehr enttäuschend, weshalb ich für ein verwertbares Filmnegativ sehr viele Versuche benötige und hierfür oft mehrere Tage in der Dunkelkammer verbringe. Oft stellt sich erst im Laufe der Versuchsreihen heraus, dass ein Objekt aufgrund seiner Beschaffenheit und Dichteverteilung nicht für die künstlerische Radiographie geeignet ist.
Erfüllt ein Negativ für mich die technischen und künstlerischen Kriterien für einen Fine-Art-Print der Radiographie, so teilt sich der Workflow ab hier in einen konventionellen und einen
digitalen Weg.
Konventionell wird in der Dunkelkammer weiter gearbeitet. Hier entstehen Kontaktabzüge vom Negativ. Dieser Weg ist jedoch nur für Negative geeignet, dessen Kontrastumfang auch vom Fotopapier
bewältigt werden kann. Jeder handgefertigte Kontaktabzug entspricht in der Größe dem Filmformat von 18x24 cm oder 24x30 cm.
Im digitalen Workflow wird das Negativ über einen professionellen High End Trommelscanner hochaufgelöst digitalisiert. Die Datenmengen sind bei den großen Formaten enorm. Am Rechner wir das Motiv in der Regel nur noch freigestellt und mittels der Gradationskurve für den Print optimiert. Ausgenommen sind hiervon natürlich die farbig nachbearbeiteten „Coloured“ Prints.
Der Druck erfolgt dann entweder als Lambda-Print (digitale Belichtung auf traditionelle silberphotosensitive Materialien) oder als Fine-Art-Print auf Hahnemühle Papier.
Die Präsentation der Drucke ist abhängig vom Motiv und Präsentationsformat.
Ich hoffe, meine Erläuterungen konnten in Ihnen das Interesse für die Radiographie wecken.
Ihr
Martin Strunk